US-Präsident Barack Obama will sein Prestige-Projekt, das Handelsabkommen TPP (zwischen USA, Kanada, Chile, Australien, Indonesien, Japan und Korea) auf Biegen und Brechen noch in seiner Amtszeit verabschieden. Gleiches gilt für das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Dazu scheute er auch nicht vor einem Pakt mit den RepublikanerInnen zurück, da ihm ein Teil der DemokratInnen die Gefolgschaft im Senat offen verweigerte. Im Juni sah es noch ganz nach einer Schlappe für Obama aus, dann drückte er mit einem Fast-Track-Beschluss (TPA – Trade Promotion Authority) das alleinige Verhandlungsmandat für Handelsabkommen durch. Die Führungsriege der RebublikanerInnen versprach ein US-Hilfsprogramm für ArbeiterInnen, die wegen der ausländischen Konkurrenz ihre Jobs verlieren (sic!). Das erleichterte einem Teil der DemokratInnen Ende Juni die Zustimmung. Der Kongress kann nun dem fertigen Handelspakt nur noch zustimmen oder ihn ablehnen – so wie auch das Europaparlament. Zivilgesellschaft ausgeschlossen.
Stimmungsbarometer USA – EU
Das Freihandelsabkommen TTIP ist in Europa und besonders in Österreich umstritten. Nirgends ist der Widerstand größer als bei uns. Doch auch in den USA stehen viele Menschen den Handelsabkommen skeptisch gegenüber. Die Spaltung der Bevölkerung spiegelt sich nicht zuletzt in der gespaltenen Meinung der DemokratInnen zum alleinigen Verhandlunsgmandat wider. Vor einigen Tagen luden die Grünen US-amerikanische NGO-VertreterInnen und ExpertInnen zum Gedankenaustausch ins Europaparlament ein, heute Freitag gibt es ein Treffen in Wien zwischen NGOs aus den USA und Österreich.
TPP und TTIP reihen sich in eine Liste zahlreicher früherer Handelsabkommen ein. Gewerkschaften aber auch Vertretungen klein- und mittelständischer Unternehmen kennen bereits die möglichen Auswirkungen solcher Abkommen und lehnen sie ab. Alleine das Freihandelsabkommen NAFTA (Schaffung nordamerikanischer Freihandelszone) hat Schätzungen zufolge zu einem Verlust von rund 1 Mio Jobs in den USA und 650 000 Jobs in Kanada geführt. Gleichzeitig sind in Mexiko die Löhne gesunken. Nun steht nicht nur den US-AmerikanerInnen, sondern auch den EuropäerInnen ein erneuter Einbruch am Armeitsmarkt bevor.
Arbeitsmarkt neu in den USA und Europa
Eine US-amerikanische Studie der Tufts-Universität im Bundesstaat Massachusetts ergab, dass TTIP Europa rund 600 000 Arbeitsplätze kosten könnte und mit Einkommensverlusten zwischen 165 bis 5000 Euro pro ArbeitnehmerIn und Jahr zu rechnen sei. Die Studie prognostiziert weiters, dass Steuereinnahmen und Wirtschaftsleistung schrumpfen würden, was Europa in eine Rezession führen könnte – für die ArbeitnehmerInnen in Europa ein Albtraum.
Doch damit nicht genug: Europa hat deutlich höhere Standards im Arbeitsrecht als die USA (und selbst die europäischen gehörten nach Ansicht der Grünen dringend ausgebaut). Mit TTIP besteht die Gefahr, dass sich Europa im Arbeitsrecht degradieren lässt, für die USA entsteht dagegen kein Anreiz das Arbeitsrecht upzugraden.
Nicht zuletzt birgt das umstrittene ISDS (Investorenschutzklausel) enorme Gefahren für das Arbeitsrecht: InvestorInnen sollen durch TTIP das Recht erhalten, gegen unliebsame Neuregelungen (so auch gegen neue Arbeitsgesetze) vor Schiedsgerichten zu klagen. Hillary Clinton sprach sich übrigens strikt gegen ISDS aus und nannte es einen „fundamental antidemokratischen Prozess“. Sollte Clinton zur Präsidentin gewählt werden, könnten die TTIP-Verhandlungen 2017 möglicherweise in neue Bahnen gelenkt werden.